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Wespen, Hornissen und andere Plagegeister

Spätestens wenn die Obstkuchenzeit beginnt, sind sie wieder da – die schwarz-gelb gestreiften Flieger mit der schlanken Taille. Mehr oder weniger aufdringlich, meistens aber in rauen Mengen. Für viele ein Grund, die gedeckte Kaffeetafel fluchtartig wieder zu verlassen und im Inneren der Wohnung fortzusetzen. Dabei gibt es meistens keinen vernünftigen Grund dafür so panisch zu reagieren. Durch ihre Vorliebe für Süßspeisen, zuckerhaltige Getränke, sowie eiweißhaltige Nahrungsmittel (Aufschnitt, Fleisch, etc.) sind bei uns in Deutschland für gewöhnlich nur zwei Arten lästig: die gewöhnliche- und die deutsche Wespe, die sich durch wildes Fuchteln oder anpusten bedroht fühlen und zustechen könnten.

Was hilft denn nun gegen aufdringliche Insekten bei Brotzeit und Kaffeepause im Freien und welche sind die besten Strategien um nicht gestochen zu werden? Wir haben es im letzten Sommer ausgiebig ausprobiert und räumen mit völlig nutzlosen Tipps und unwirksamen Hausmitteln auf:

Viele empfehlen mit getrockneten Nelken gespickte Orangen oder Zitronen, Kupfermünzen, Basilikum und Knoblauchknollen auf dem Tisch zu verteilen. Der Geruch wäre Wespen unangenehm und würde sie zuverlässig abhalten. Die angebliche Wirkung auf Vampire ist wahrscheinlich genau so groß, wie die abschreckende Wirkung auf Wespen. Bei unserem Test im August krabbelten die flinken Flieger auf dem Weg zum Zwetschgenkuchen mit Sahne sogar direkt über die Kupfermünzen oder wählten die drapierten Orangen als Landezone. Auch der im Netz kursierende Tipp mit dem „falschen“ Wespennest, aus einer braunen Papiertüte dass den anderen Wespen glauben machen soll es sei schon ein Staat vorhanden, entpuppte sich als ausgemachter Blödsinn. Für mich definitiv eher urbane Märchen als zuverlässige Mittel gegen Wespen.

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Einige andere Tipps waren erstaunlich zielführend: so sollte man zum Beispiel keine Lebensmittel, Flaschen, Dosen und Becher mit süßen Getränken oder Bier offen herumstehen lassen und nach Gebrauch sofort wieder abdecken. Bei süßen Softdrinks Strohhalme benutzen. Darüber hinaus keine stark riechenden Hautcremes, Kosmetika, Potpourris und Duftlampen verwenden und überreifes Obst und Fallobst möglichst zeitnah aus dem Garten entfernen. Die in meinen Augen wirksamste Methode aber stellt eine Ablenkfütterung in einiger Entfernung zur eigenen Terrasse dar. Dort an ein paar aufeinander folgenden Tagen ein paar überreife Früchte oder die Reste von abgestandenen Softdrinks ausgebracht, lässt schon nach kurzer Zeit einen Großteil der Wespen zielstrebig dorthin fliegen.

Und wie genau schütze ich mich jetzt vor dem „gestochen-werden“?
Ein erster Schritt wäre, im Hochsommer nicht barfuß durch Wiesen zu laufen und die obenstehenden Tipps zu beherzigen. Falls sich aber doch eine Wespe nähert, sollten Sie nicht wild und in Panik herumfuchteln und um sich schlagen oder die Insekten anpusten – das macht sie umso angriffslustiger. Auch Schweiß wirkt für die Insekten wie ein Alarmstoff und macht sie aggressiver. Versuchen Sie sich daher ruhig und überlegt zu bewegen und achten darauf wo Sie hingreifen. Achten Sie bei Ihrem Nachwuchs darauf, deren Gesicht und Kleidung immer sauber und Süßigkeiten-frei zu halten. Bei Babys hat sich ein Moskitonetz über der Babyschale bewährt.

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Nester in Reviereinrichtungen

Vorher aber – ab März oder April können Wespen und die zur gleichen Familie gehörenden Hornissen, dem Jäger durch ihren Nestbau in trockenen, dunklen und zugfreien Reviereinrichtungen den Ansitz vereiteln oder diese für einige Monate unbenutzbar machen. Besonders vor der größten einheimischen Wespenart, der Hornisse fürchten sich dabei viele Menschen. Schon auf Grund seiner Größe wirkt das bis zu dreieinhalb Zentimeter große Tier für viele bedrohlich. Im Gegensatz zu den Wespen stehen Hornissen aber nicht auf Süßes, sind Menschen gegenüber weniger aggressiv und machen sich durch ihr Beuteschema, das neben anderen Schädlingen auch Raupen und Wespen umfasst, in der Natur sehr nützlich. Sie stechen Menschen in der Regel nur, wenn sie bedrängt werden oder ihr Nest in Gefahr ist. Die Giftwirkung ist aber trotz größerem Stachel annähernd gleich.

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Was kann man also tun gegen Nester in Reviereinrichtungen? Am erfolgsversprechendsten sind vorbeugende Maßnahmen im Februar / März, damit es erst gar nicht zum Nestbau kommt! Eine in den meisten Fällen sehr erfolgversprechende Methode ist das Abhängen des Kanzelhimmels mit Sackleinen. Dafür wird ein entsprechend großes Stück Sisalgewebe oder Sackleinen mit einem Tacker, wie eine Zwischendecke in die Kanzel eingehängt. Die Insekten beginnen zwar nach wie vor mit dem Nestbau, brechen ihn aber spätestens dann ab, wenn das Nest drei bis vier Zentimeter groß wird. Ich habe dies in einer ansonsten nicht benutzten Kanzel zu Testzwecken ausprobiert. Nach drei Jahren hingen nur fünf maximal walnussgroße, aufgegebene Nester am Sisalhimmel. In einer fünfzig Meter weiter unten stehenden baugleichen Kanzel ohne Sisal-Zwischendecke kam es dagegen in jedem Frühjahr zum Nestbau von “richtigen” Wespen- oder von Hornissennestern. Zusätzlich hilft das Verstänkern des Kanzelinnenraumes mit WC-Steinen, Orangen- oder Teebaumöl, getrockneten Lavendel und das Abdichten und Verschließen der möglichen Anfluglöcher mit PU-Schaum.

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Am Besten aber stellt man erst gar keine hermetisch abgeschlossenen Kanzeln ins Revier sondern lässt diese offen, zugig und somit unattraktiv für Wespen und Hornissen.

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Vorsicht übrigens beim Öffnen von Kanzeln in denen man schon länger nicht mehr angesessen ist, da die Nester oft auch seitlich an die Türen angeklebt sind und durch ein beherztes Aufreißen der Türe beschädigt würden. Hunderte recht wütende, stechfreudige Insekten wären die Folge. Beim Beziehen der Kanzel regelmäßig einen Blick unter Sitz- oder Auflagebretter zu werfen schützt vor unliebsamen und eventuell schmerzhaften Erfahrungen.

Was aber tun, wenn man die oben stehenden Tipps nicht beachtet hat und sich im Hochsommer ein stattliches Wespen- oder Hornissennest in einer Kanzel etabliert hat? Am besten gar nichts – die oft und gerne gegebenen Tipps wie: anstecken, Wespenschaum oder Chemiekeule verwenden oder in einen Sack abschlagen sind meist nicht nur illegal, sondern ohne Spezialausrüstung auch recht gefährlich.

Deshalb besser einmal für zwei bis drei Monate auf die Benutzung einer Kanzel verzichten und beobachten wie sich der Insektenstaat entwickelt. Spätestens im Herbst geben die Wespen und Hornissen ihre Nester dann auf, die Arbeiter sterben allesamt und die Königin sucht sich einen geschützten Platz zum Überwintern. Nach den ersten Nachtfrösten kann man dann meist die verlassenen Nester gefahrlos entfernen. Im nächsten Frühjahr beginnt dieser Zyklus von Neuem – allerdings wird sich dort, wo sich im Vorjahr ein Nest befand in den nächsten Jahren kein Insektenvolk mehr ansiedeln.

Stechmücken

Der dritte Plagegeist, der einem bei warmem, windstillem Wetter mit leichter Bewölkung den Ansitz gründlich vergällen kann ist die gemeine Stechmücke. Für die Eireifung benötigt die weibliche Stechmücke das Blut von Säugetieren oder Vögeln, die sie durch den Hautduft und das ausgeatmete CO2 ausfindig macht. Mit Hilfe ihres Rüssel können Stechmücken dann die Haut ihrer Wirte durchstechen und deren Blut saugen. Dabei spritzt die Stechmücke ein Protein in die Saugstelle ein, um das Gerinnen des Bluts zu verhindern. Kurz nach dem Stich tritt gewöhnlich eine auf die Einstichstelle begrenzte allergische Reaktion auf. Diese ist in der Regel mit Juckreiz verbunden und entsteht durch die Ausschüttung von körpereigenem Histamin.

Wer keine Lust darauf hat als Mückenfutter zu dienen, hat verschiedene Möglichkeiten der Abwehr: wobei das alte Hausmittel Knoblauch, Essig und Hefe zu sich zu nehmen, eindeutig ins Reich der Märchen gehört. Auch Ultraschallgeräte und Mückenarmbänder sind wirkungslos, wie die Stiftung Warentest im Test (13.06.2014) mit verschiedenen Stechmückenarten herausfand.

Körperöle auf Basis von Zedernholz, Teebaumöl, Eukalyptus oder Zitrusfrüchten können, je nachdem welche Duftmischung sie gemeinsam mit dem individuellen Körpergeruch auf der Haut entwickeln, durchaus erfolgreich sein. Das muss jeder, für sich, am eigenen Leib ausprobieren.

Eine gute Nachricht für alle Raucher: der Rauch von Zigarette und Pfeife hält die Plagegeister zwar kurzzeitig ab. Die Wirkung ist aber leider zeitlich und räumlich sehr begrenzt.

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Zuverlässig bis zu 8 Stunden wirken hingegen Einreibe- oder Aufsprühmittel, so genannte Repellents mit dem Wirkstoff Diethyltoluamid, kurz DEET. Es wurde 1946 von der US-Armee entwickelt und ist zum Beispiel in Produkten wie Anti Brum Forte, Autan Protect oder carePLUS in verschiedenen Dosierungen* enthalten. Die Schutzwirkung von DEET basiert darauf, dass dieser Wirkstoff den Duftrezeptor der Insekten blockiert, und dadurch menschliche Duftstoffe nicht mehr wahrnehmen können. Produkte wie Anti Brum eigenen sich, auf die Beine gesprüht, sogar zur Zeckenabwehr. Leider kann der Wirkstoff bei manchen Menschen Hautreizungen hervorrufen und Kunststoffe angreifen. Auch brennt das Zeug z.B. beim Schwitzen recht heftig in Augen und Schleimhäuten. Fast so effektiv, aber besser verträglich als DEET-haltige Mittel sind Produkte mit dem Wirkkstoff Icaridin. Sie reichen in Deutschland und innerhalb Europas in der Regel aus

Wer hingegen DEET nicht verträgt, dem kann mückendichte, langarmige Bekleidung wie das G-1000 Gewebe von Fjäll Räven, Tarnhandschuhe und ein Tarnschal oder Mückenschleier über den Kopf zu einem entspannten Ansitz verhelfen.

Oder man übt sich in Gleichmut, lässt sich ein paar Abende lang stechen und ist so für den Rest des Jahres desensibilisiert. Eine Methode die im gemäßigten Europa ganz gut funktioniert, in Skandinavien, Kanada und Alaska aber leider nicht weiterhilft…

* Autan Family Care (15 %), Care Plus Anti-Insect (bis zu 50 %), OFF, Parazeet und Nobite (50 %), Anti Brumm Forte (30 %)

Erste Hilfe bei Stichen

Der Volksmund sagt: „sieben Hornissenstiche töten ein Pferd“. Dabei ist der Stich einer Hornisse nicht gefährlicher als der einer Wespe und wirklich lebensbedrohend wird es erst bei mehreren hundert Stichen. Die tödlichen Unfälle bei Wespenstichen treten meist bei Allergikern auf, die um ihre Allergie nicht wissen oder danach schlecht versorgt werden. Bei ihnen kann schon ein einziger Stich lebensbedrohlich sein.

Gefährlich können einzelne Stiche dann werden, wenn sich der Stich im tiefen Rachenraum befindet und durch die Schwellung ein Atemhindernis entsteht. Spätestens hier ist es dann Zeit für einen Anruf beim Notarzt. Kühlen zum Beispiel durch kaltes Wasser oder mit Kühlpads ist hier die angebrachte Erste-Hilfe-Maßnahme. Auch beim „normalen“ Stich einer Wespe oder Hornisse kann Kühlen die juckende, schmerzhafte, rötliche Schwellung um die Einstichstelle lindern. Ein weiteres Hausmittel ist eine in der Mitte durchgeschnittene, rohe Zwiebel, die mit der Schnittfläche auf den Stich gelegt wird oder Essig. Sollte der Stachel noch stecken, entfernen wir diesen natürlich vorher.

Bei juckenden Stechmückenstichen hilft Hitze gegen den Juckreiz und Kälte gegen die Schwellung.
Schon etwas über 40° genügt, um das Protein, das den Juckreiz hervorruft zu zersetzen. Am Besten ist es sich mit einen warmen Teelöffel oder einer Feuerzeugflamme an den Stich heranzutasten, ohne dabei die Haut zu berühren. Danach mit einem Eiswürfel oder Eispad kühlen.

Insektenschutz

Wespen und Hornissen haben eine wichtige Funktion im Ökosystem. Einige tausend Fliegen, Mücken, Raupen, Motten, Blattläuse und andere Kleintiere, die uns in Feld und Flur auch lästig werden können, vertilgt so ein kleiner Wespenstaat am Tag. Darüber hinaus bestäuben Wespen Pflanzen, fressen Tierkadaver und dienen Vögeln als Nahrungsgrundlage. Deshalb dürfen unsere heimischen Wespenarten wie alle wild lebende Tiere und Pflanzen (§ 39 Abs. 1 BNatSchG) nicht ohne vernünftigen Grund in ihrer Entwicklung verletzt, gestört oder getötet werden.

Alle Hummeln, Wildbienen und Hornissen sind nach der Bundesartenschutzverordnung (§ 44 BNatSchG) besonders streng geschützt. Ein Nest darf nur aus einem wichtigem Grund, durch eine sach- und fachkundige Person, und vorheriger Genehmigung durch die zuständigen Naturschutzbehörde umgesiedelt werden. Ansonsten stellt das Zerstören oder Abtöten eines Hornissennestes einen strafbaren Gesetzesverstoß dar, der mit hohen Geldstrafen geahndet wird.

2 Comments

  • Andy

    Bei Insektenstichen hat sich auch der Stichheiler „Bite Away“ sehr bewährt. In der Stiftform hält man die Metallspitze auf die Einstichstelle, aktiviert die Hitze und zuckt kurz aufgrund der kommenden 50 °C kurz zusammen. Dann hat man es aber meist geschafft und der Juckreiz ist weg. Tolles Ding.

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