AUS DEN MEDIEN

Die Jagd, die sozialen Medien und der Aufgang der Bockjagd

Pünktlich zur Aufgang der Bockjagd geht es wieder los – jedes Bild eines erlegten Rehs führt auf facebook und Co. zu endlosen Diskussionen: „zu jung/ alt, zu gut veranlagt, zu mickrig, im Bast, noch nicht ganz durchgefärbt, liegt auf der falschen Seite, kein letzter Bissen, kein Inbesitznahmebruch, der Schütze hat keinen Hut auf, die falsche Hose an, das Kaliber zu stark/ zu schwach, die Waffe/ Optik/ Munition taugt nichts“ sind nur eine kleine Auswahl der Dinge die diese unfehlbaren Wahrer der Waidgerechtigkeit im Netz monieren.

Laut § 1 Abs. 3 BJG sind bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit (die oft auch als Summe der allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regeln definiert werden) zu beachten.

Heutzutage lassen sich diese Grundsätze in drei Teilbereiche aufteilen:
Der Tierschutzgedanke betrifft die Einstellung des Jägers gegenüber seinem tierischen Mitgeschöpf, dem gegenüber unnötiges Leid, Stess und Schmerzen zu vermeiden sind. Beim Umweltaspekt geht es um die nachhaltige Hege und Pflege des uns als Jäger anvertrauten Habitats samt deren Bewohner. Der menschliche Aspekt sagt etwas über unser Verhalten gegenüber anderen Jägern und nicht jagenden Mitmenschen aus.

Vom jagdliche Brauchtum sind meiner Meinung nach die die Grundsätze der Waidgerechtigkeit aber strikt zu trennen! Wer lieber in GoreTex als in Loden zur Jagd geht, lieber ein olivgrünes Cap trägt als einen Hotzenplotz-Gedächtnishut, beim Halali den Hut auf lässt, aus Versehen über die Strecke tritt oder das erlegte Wild auf die „falsche“ Seite legt, der verstößt nicht gegen die allgemeinen Grundsätze der Waidgerechtigkeit, sondern gegen regional oft sehr unterschiedliche jagdliche Bräuche. Aufgemerkt – ich persönlich finde regionale Tracht in der jeweilgen Region super, finde aber ostdeutsche Schweinebauern in Bommelsocken, Lodenjanker und Sepplhut höchst albern, beurteile Menschen aber niemals nach Ihrem Outfit oder ihrer Ausrüstung. Kurzum: auch wer das jagdliche Brauchtum in der jeweiligen Region nicht kennt & pflegt oder daherkommt wie Karl Napf im Schneegestöber, kann, sofern er die oben beschriebenen Grundsätze beherzigt, durchaus ein respetabler waidgerechter Jäger sein.

Womit wir wieder bei den oft monierten Böcken im Bast oder Fusseldecke wären. Meiner völlig unerheblichen Meinung nach sollte das jeder so halten, wie es die Gegebenheiten in seinem Revier vorgeben und man Spaß daran hat. Alles andere ist ignorante Polemik und sinnentleertes Wiederholen von unreflektierten Parolen unter dem Deckmäntelchen der Waidgerechtigkeit (s.o.).

„Weil halt“ und „das haben wir schon immer so gemacht“ sind für mich generell kein Argument, sondern ein sicheres Zeichen dafür, dass man zu faul ist selbst nachzudenken und die richtigen Schlüsse aus dem beobachteten zu ziehen!

Fakten die für mich FÜR das frühzeitige Erlegen von Jährlingen (egal ob im Bast oder verfegt, durchefärbt oder nicht) und Schmalrehen sprechen, wären für mich:

  • dieser Zuwachs ist später schlichtweg nicht mehr im Revier
  • die Vegetation lässt das genaue Ansprechen zu
  • das Rehwild ist in dieser Zeit sehr agil, sichtbar und viel unterwegs
  • der Unterschied zwischen Gaisen und Schmalrehen ist sehr ausgeprägt
  • das dadurch gewonnene Wildbret schmeckt – egal ob das Gehörn vorher verfegt wurde oder die Decke fusselt wie ein alter Perser
  • irgendwann hat man genug Trophäen schlecht veranlagter Knopfler, Spießer und Gabler an der Wand
  • die schiere Menge an gesundem Zuwachs kann ein detaillierteres Unterscheiden als schwach / stark & gut veranlagt oder “legt in den nächsten Monaten vielleicht noch Masse zu” unnötig machen.

Wieso also beginnt jedes Jahr, zum Aufgang der Bockjagd diese unsägliche Diskussion aufs Neue? Stünde uns Jäger nicht ein wenig mehr Gelassenheit, Toleranz und weniger Beuteneid und Besserwisserei gut zu Gesicht? Und sollten wir darüber hinaus, in Zeiten des öffentlichen Gegenwinds, nicht mehr zusammenstehen und den Schulterschluss üben, anstatt uns öffentlich gegenseitig an den Karren zu fahren?

Wäre es nicht schon längst Zeit für eine Waidgerechtigkeit 2.0?

Eine an die Jagd im Jahr 2017 angepasste Waidgerechtigkeit, bei der die oben angesprochenen Grundsätze der Waidgerechtigkeit auch im Umgang mit den Medien, im Internet und gegenüber den Mitjägern gewahrt bleibt. Eine Waidgerechtigkeit, wegen der sich jeder, bevor er einen Post oder Erlegerbilder postet oder Statements in Kameras abgibt, noch einmal für 10 Sekunden überlegt, ob das was er da von sich gibt, nicht doch vielleicht der Außenwirkung der Jagd schaden könnte?

Darüber hinaus sind meiner Meinung nach die Administratoren der vielen Gruppen und Foren gefordert, bei Auswüchsen schneller einzugreifen und Postings mit blutigen Batzen im Matsch, Rehen mit Rauchwaren im Äser, Videos von Förstern mit Katzenfellhosen und lustige Bilder von Mitmenschen auf Wildkameras schneller vom Netz zu nehmen! Vielen ist schlichtweg nicht klar, was Sie mit solchen Postings auslösen und das es so etwas wie “geheim” oder “geschlossen” im Internet nicht gibt. Ein Großteil der Jagdgruppen und -Internetforen ist von Tierschützern infiltiert, die auf eine solche Steilvorlagen nur lauern und für ihre Zwecke nutzen werden. Das Auftauchen von Erlegerbildern aus “geheimen” Jagdgruppen auf Jagdgegnerseiten sind keine Verschwörungstheorie, sondern inzwischen leider Alltag. An dieser Stelle ist in meinen Augen die Selbstregulierung in der Jägerschaft gefragt und nicht in der alljährliche ausufernden Diskussion um Bastrehlein und Fusselböcken.

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